Huawei konnte den Smartphone-Markt in den vergangenen Jahren ordentlich aufmischen und spielt inzwischen auch in der High-End-Liga ganz oben mit. Diese Stellung will allerdings verteidigt werden. Neben der Mate-Serie ist es vor allem die P-Serie, die dieses Jahr versucht im Bereich Fotografie neue Maßstäbe zu setzen. Mit der Veröffentlichung des P30 Pro ist nun das neueste Flaggschiff von Huawei erschienen. Was die insgesamt vier Kameras können und was das High-End-Gerät sonst noch so mit sich bringt, erfahrt ihr im folgenden, exklusiven Test.
Lieferumfang und Unboxing
Die schlichte, weiße Box mit dem goldenen Schriftzug schreit förmlich „Premium“. Auch das rote Leica-Logo am unteren Rand sticht sofort ins Auge.
Große Überraschungen gibt es keine: Es befinden sich die „erwartbaren“ Accessoires in der Verpackung, die mitgelieferte Schutzhülle ist bei Herstellern aus China mittlerweile fast immer dabei.
- kabelgebundene USB-C-Kopfhörer
- 40W-Supercharger Ladegerät
- USB-C / USB-A-Kabel
- SIM-Tool
- durchsichtige Schutzhülle
Im kurzen Unboxing-Video schauen wir uns den InDisplay-Fingerprint-Reader genauer an.
Design und Verarbeitung
Im Premium-Bereich ist gehärtetes Glas auf Vorder- und Rückseite in einem Aluminium-Rahmen zum Quasi-Standard aufgestiegen. Deshalb überrascht es auch nicht weiter, dass beim P30 Pro genau diese Materialien zum Einsatz kommen.
Gerade die Rückseite mit bläulich-violetten Schimmer, stimmungsvoll „Breathing Crystal“ getauft, ist ein echter Hingucker und sorgt für einen gewissen Wiedererkennungswert. Überhaupt lassen sich keinerlei Mängel bei der Verarbeitung feststellen: kein Knarzen, keine unregelmäßigen Spaltmaße oder schwammige Druckpunkte bei den Buttons. Die hervorstehende Triple-Kamera sorgt leider auch dafür, dass das Smartphone nicht ganz plan auf ebenen Flächen aufliegen kann.
Kleine Details wie der rote Akzent beim Power-Button und das auf Vorder- und Rückseite gerundete Glas wissen zu gefallen. Zu guter Letzt hat es Huawei geschafft den USB-Ladeport, den SIM-Slot und den Lautsprecher auf der Unterseite unterzubringen, was bei den sehr schmalen Seitenkanten wohl auch nicht anders möglich gewesen wäre. Diese Design-Entscheidung zeigt aber auch gleichzeitig die größte Schwäche des P30 Pro: Es wurde nur ein Lautsprecher verbaut, der zwar keinen schlechten Sound liefert, jedoch nur Mono und zudem auch noch leicht mit der Hand verdeckt werden kann.
Ein Kopfhörer-Anschluss ist – wie zu erwarten – nicht verbaut. Dafür ist das P30 Pro wasser- und staubgeschützt nach IP68.
Das P30 Pro ist zum Launch in den Farbvarianten Schwarz, Aurora und Breathing Crystal erhältlich.
Detaillierte Spezifikationen
OS | Android 9.0 |
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Display | 6.47″, 2340×1080 Pixel, 16 Mio. Farben, AMOLED, kapazitiver Touchscreen, Gorilla-Glas, Aussparung, HDR |
Kamera hinten | 40.0MP, f/1.6, Phasenvergleich-AF, Laser-AF, Kontrast-AF, Dual-LED-Blitz, Videos @2160p/30fps, Videos @720p/960fps (Kamera 1); 20.0MP, f/2.2, Weitwinkelobjektiv (Kamera 2); 8.0MP, f/3.4, OIS, Teleobjektiv (Kamera 3); ToF (Kamera 4) |
Kamera vorne | 32.0MP, f/2.0 |
Schnittstellen | USB-C 3.1 Gen 1 (OTG), WLAN 802.11a/b/g/n/ac, Bluetooth 5.0 (aptX HD), NFC, Infrarot-Port |
Sensoren | Beschleunigungssensor, Gyroskop, Annäherungssensor, Lichtsensor, Kompass, Fingerabdrucksensor (Display) |
SoC | HiSilicon Kirin 980, 64bit |
CPU | 2x 2.60GHz Cortex-A76 + 2x 1.92GHz Cortex-A76 + 4x 1.80GHz Cortex-A55 |
GPU | Mali-G76 MP10 |
RAM | 8GB |
Speicher | 128GB (UFS 2.1), NM Card-Slot (shared, bis 256GB) |
Navigation | A-GPS (L1/L5), GLONASS, BeiDou, Galileo (E1/E5a), QZSS (L1/L5) |
Modem | GSM (0.2Mbps/0.1Mbps), UMTS (42Mbps/5.76Mbps), LTE Cat 21/18 (1400Mbps/200Mbps) |
Frequenzbänder | 2G (850/900/1800/1900), 3G (B1/B2/B4/B5/B6/B8/B19), 4G (B1/B2/B3/B4/B5/B6/B7/B8/B9/B12/B17/B18/B19/B20/B26/B28/B32/B34/B38/B39/B40) |
Netzstandards | GPRS, EDGE, HSDPA, HSUPA, HSPA+, LTE-A, LTE-A Pro |
Akku | 4200mAh, fest verbaut, kabelloses Laden (Qi, reversibel) |
Ladeleistung | 40W (Huawei SuperCharge), 15W (kabellos) |
SAR-Wert | 0.64W/kg (Kopf), 0.99W/kg (Körper) |
Gehäuseform | Barren |
Gehäusematerial | Glas (Rückseite), Metall (Rahmen) |
Abmessungen | 158×73.4×8.4mm |
Gewicht | 192g |
SIM-Formfaktor | Nano-SIM (1x shared) |
Besonderheiten | Dual-SIM, IP68-zertifiziert |
Display
Das 6.47 Zoll OLED-Display ist sicherlich – neben den vier Kameralinsen – eines der Highlights des P30 Pro. Es löst mit 1080×2340 Pixeln (FHD+) auf und ist äußerst blickwinkelstabil. Die Helligkeit kann überzeugen, auch bei direkter Sonneneinstrahlung lassen sich Inhalte am Display gut erkennen.
Im Jahr 2019 sind Notches, also Bildaussparungen für Vorderkamera und Sensoren, nichts Ungewöhnliches mehr. Das P30 Pro besitzt auch einen Notch, der ist allerdings vergleichsweise klein und stört im Alltagsbetrieb kaum. Durch das zu den Außenseiten hin gebogene Display und das kleine „Kinn“ auf der Unterseite wird eine beachtliche Screen-to-body Ratio erreicht.
Software, Features und Performance
Huawei setzt beim P30 Pro auf die aktuelle Android Version 9 „Pie“ und stülpt darüber die eigene EMUI-Benutzeroberfläche. Im Gegensatz zu purem Android ist ein systemweiter „dark mode“ integriert, der vor allem bei OLED-Displays etwas Energie einsparen kann und auch gut aussieht. Hier kann z.B. Googles Pixel-Reihe nur neidvoll rüberblicken, besitzen doch Googles eigene Flaggschiffe (noch) keinen systemweiten „dark mode“.
Ob Huawei das P30 Pro auch in Zukunft mit neuen Android-Versionen versorgen wird, bleibt allerdings abzuwarten. In der Vergangenheit hat der chinesische Marktgigant nicht viele Anstalten gemacht seine Smartphones auf aktuellem Stand zu halten, leider.
EMUI in der Version 9.1 kommt mit zahlreichen Zusatzfeatures daher, viele davon finden sich auch bei aktuellen Flaggschiffen anderer bekannter Hersteller. So erhält man mit der App „Digital Balance“ einen genauen Überblick über die eigene Smartphone-Nutzung. Es können Zeitbeschränkungen für Apps gesetzt oder ein „Ausgrauen“ eingestellt werden. Zudem können auch die Farbintensität und Farbtemperatur nach eigenen Vorlieben modifiziert werden. Auch ein Einhandmodus wurde integriert – bei der Größe des Geräts ein sehr nützliches Feature.
Personalisierungsmöglichkeiten gibt es in Hülle und Fülle. Im Bereich „Designs“ kann die Oberfläche nach allen nur denkbaren Möglichkeiten umgestellt und nach den eigenen Wünschen geändert werden. Beachten sollte man hierbei, dass einige Design kostenlos sind, andere jedoch nicht.
Der optische Fingerabdruck-Scanner befindet sich auf der Vorderseite hinter dem Displayglas. Bei unseren Tests agierte dieser zuverlässig und schnell, wenn auch um Bruchteile langsamer als ein „normaler“ Fingerprint-Reader.
Generell ist das P30 Pro sehr flott unterwegs und steht aktuellen High-End-Geräten der Konkurrenz um nichts nach. Das liegt nicht zuletzt am hauseigenen Octa-Core Kirin 980 SoC, der im topmodernen 7nm-Verfahren hergestellt wird und dadurch noch etwas energieeffizienter als seine Vorgänger rechnen kann. Auch die verbaute Grafikeinheit Mali-G76 ist auf Augenhöhe mit aktuellen Flaggschiffen von Qualcomm. Es konnten keinerlei Ruckler beim grafikintensiven PUBG oder im Multi-Window-Modus ausgemacht werden.
Natürlich unterstützt das P30 Pro auch Wireless Quick Charging, welches das Gerät mit bis zu 15W lädt. Außerdem ist auch das umgekehrte, kabellose Laden möglich (Reverse Wireless Charging), bei dem das zu ladende Gerät auf die Rückseite platziert werden muss. Andere Smartphones lassen sich damit aufladen, allerdings doch sehr langsam.
Dafür kann der 4200mAh-Akku mit dem mitgelieferten Supercharger (40W) sehr zügig geladen werden: 50% waren innerhalb 30-40 Minuten erreicht. Weder beim Laden, noch bei rechenintensiven Anwendungen wird das P30 Pro auf der Rückseite unangenehm warm, somit steht auch langen Spiele-Sessions nichts im Wege.
Eine seröse Beurteilung der Akkulaufzeit lässt sich wohl erst nach einem längeren Testzeitraum beurteilen, aber während des kurzen Tests erschien der Akku sehr verlässlich und sollte auch für Power-User genügend Reserven über den Tag bieten.
Je nach Ausstattung ist das P30 Pro entweder mit 6GB RAM + 128GB oder 8GB RAM + 256GB Speicher erhältlich. Dieser lässt sich auch erweitern, allerdings nur mit Huaweis eigener Speicherkarten-Technologie „Nano-Memory“ – ärgerlich, weil diese nur schwer erhältlich sind.
Kamera
Das Prunkstück des P30 Pro ist sicherlich das rückseitige Kamerasystem, das in Summe aus drei verschiedenen Sensoren und einem sogenannten ToF-Sensor besteht.
Im Detail:
- 20 Megapixel Weitwinkel, f/2.2, elektronische Bildstabilisierung
- 40 Megapixel Hauptkamera, f/1.6, optische Bildstabilisierung
- 8 Megapixel Tele-Linse, f/3.4, optische Bildstabilisierung
- „Time-of-flight“-Sensor, Lichtlaufzeitmessung für detaillierte 3D-Bildinformationen
Die Vielseitigkeit dieses Kamerasystems beeindruckt auf ganzer Linie. Das fängt schon bei der reaktionsschnellen Kamera-Software an, die zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten und Filter anbietet.
Nahezu jede Situation meistert das P30 Pro mit Bravour. Egal, ob man Weitwinkel nutzt oder den 5-fachen optischen Zoom – bei guten Lichtverhältnissen können beide Sensoren überraschend gute, scharfe Aufnahmen liefern.
Auch der 10-fache Digitalzoom kann überzeugen.
Der Nacht-Modus, schon bekannt von der Mate-Serie, sorgt für gute Fotos bei schlechten Lichtverhältnissen.
Der 40MP-Hauptsensor kann in Kombination mit dem ToF-Sensor ausgewogene Bilder liefern, die auch ein natürliches Bokeh aufweisen.
Die Videofunktionalitäten bieten all das, was man sich 2019 von einem High-End-Modell erwarten kann: 4K, h.265-Unterstützung, 960fps-Zeitlupe, Zeitraffer etc. Hier sollten eigentlich kaum Wünsche offen bleiben.
Fazit
Das P30 Pro macht einfach Spaß. Es ist schnell, tadellos verarbeitet und kann mit seiner Triple-Kamera auf der Rückseite mit allen aktuellen Konkurrenten mithalten. Vielmehr sollte gerade die Vielseitigkeit des Kamerasystems in den Vordergrund gestellt werden, denn dieses lässt im alltäglichen Betrieb eigentlich keine Wünsche offen. Auch softwareseitig kann Huaweis EMUI durchaus überzeugen, sinnvolle Features wurden integriert und Programmballast auf ein erträgliches Maß reduziert.
Kleine Patzer leistet sich das P30 Pro dennoch: Der Mono-Lautsprecher lässt sich leicht verdecken, klingt höchstens durchschnittlich und das sollte in dieser Preiskategorie eigentlich nicht mehr vorkommen. Auch der Einsatz von Nano Memory für die Speichererweiterung ist aus Käufersicht kaum nachvollziehbar, hier trumpfen andere Hersteller mit der Verwendung von microSD auf. Und ob Huawei sich bei seinem Flaggschiff endlich einer vernünftigen und zukunftssicheren Software-Updatepoltik verschreibt, bleibt auch abzuwarten.
Angebote für das Huawei P30 Pro
Hinweis: Huawei Austria war so freundlich uns für den Test ein P30 Pro zur Verfügung zu stellen.
Zu den Updates von Huawei: Immerhin wird gerade das Mate 9 – ein Gerät aus 2016 – mit dem aktuellen Android 9 versorgt, da kann man m.E. nicht meckern. Auch die Sicherheitsupdates dafür sind in den letzten Monaten immer regelmäßig erschienen.
Das stimmt und ist auch erfreulich. Allerdings würden wir uns etwas mehr „Commitment“ und transparente Kommunikation von Huawei erwarten. Welche Geräte bekommen wie lange verlässlich Updates etc.
Vor allem Midlevel-Geräte von Huawei werden noch immer vernachlässigt oder erst sehr spät mit Updates versorgt.
Aber wie du richtig schreibst, scheint auch da langsam ein Umdenken stattzufinden, vor allem bei den hochpreisigen High-End-Geräten :)