Es gibt Fehler, die man nur einmal im Leben macht – das Durchtrennen des falschen Kabels an einer tickenden Bombe dürfte in diese Kategorie fallen. Die kanadischen Entwickler Steel Crate Games bieten mit Keep Talking and Nobody Explodes nun die Möglichkeit zum Versuch, selbst eine digitale Bombe zu entschärfen. Doch kann sowas überhaupt Spaß machen? Kann es, wenn man nur nicht aufhört, miteinander zu reden…
Videospiele erfordern eine eigene Art der Kommunikation, woraus sich für viele Genres eine spezielle Sprachkultur entwickelt hat, die für Außenstehende schwer bis gar nicht zu verstehen ist. Shooterfans prahlen gerne mit ihrer „KD“, während Spielern von Online-Rollenspielen noch ein „DD“ für den nächsten „Raid“ fehlt. Hauptsächlich kommuniziert man über Abkürzungen – kurz, präzise und effizient – mitunter kann eine solche Ausdrucksweise im Eifer des Gefechts virtuelle Leben retten. Genau hier setzt das Spielprinzip von Keep Talking and Nobody Explodes an, denn der Name ist Programm – während der Countdown einer virtuellen Bombe läuft, bleibt den Spielern hier nur die eigene Kommunikation, um die Bombe zu entschärfen und das Game Over in Form einer Explosion zu verhindern.
Keep Talking and Nobody Explodes ist ein Spiel für zwei oder mehr Spieler. Ein Spieler nimmt die Rolle des Bombenentschärfers ein, während die anderen Spieler als Ansprechpartner für den Bombenentschärfer fungieren. Der Clou an der Sache: Der Bombenentschärfer ist der einzige Spieler, der die Bombe am Bildschirm sehen kann, während den Ansprechpartnern lediglich ein allgemeines Handbuch zur Entschärfung von Bomben zur Verfügung steht. Der Bombenentschärfer muss seinen Ansprechpartnern also möglichst genau beschreiben, mit welcher Art von Bombe man es zu tun hat, damit die Ansprechpartner mit Hilfe des Handbuchs eine Lösung finden können. Diese Lösung muss dann möglichst genau an den Bombenentschärfer weitergegeben werden, damit er sie umsetzen und die Bombe entschärfen kann. Kommt es irgendwo zu einem Fehler oder Missverständnis, kann das die Explosion und somit das Ende des Spiels bedeuten.
Grafisch präsentiert sich Keep Talking and Nobody Explodes simpel und zweckmäßig. Der Bildausschnitt, den der Bombenentschärfer sieht, ist dabei immer der Selbe – ein Schreibtisch, auf dem ein Wecker und die Bombe in Kofferform zu sehen sind. Der Koffer, in dem die Bombe sich befindet, kann mittels Maus frei gedreht werden. Die Bombe besteht aus einem Timer, auf dem sich die verbleibende Zeit bis zur Explosion ablesen lässt und je nach Belieben aus einer bestimmten Anzahl an Modulen. Diese Module beinhalten kleine Rätsel, die es mit Hilfe der Ansprechpartner und des Handbuchs zu lösen gilt. Sind alle Module der Bombe deaktiviert worden, ist die Bombe entschärft.
Das Besondere an Keep Talking and Nobody Explodes ist, dass das zentrale Gameplay-Element – die Kommunikation zwischen Bombenentschärfer und Ansprechpartnern – abseits des Bildschirms abläuft. Ein typisches Modul wäre zum Beispiel der klassische Knopf mit Aufschrift. So ein Knopf kann diverse Farben und Aufschriften haben und laut Handbuch ist je nach Farbe oder Aufschrift eine andere Vorgehensweise nötig, um das Modul zu deaktivieren. Kommt nun vom Bombenentschärfer die Aussage „Ich sehe einen Knopf“, stehen die Ansprechpartner vor einem wesentlich größeren Problem als bei einer Aussage wie „Ich sehe einen roten Knopf mit der Aufschrift ‚Hold’“. Nur wer sich klar und präzise ausdrückt, wird die Bombe entschärfen können und das Spiel setzt alles daran, die Kommunikation durch unvorhersehbare Ereignisse zu stören. So kann es durchaus vorkommen, dass für kurze Zeit mitten in der Beschreibung eines Moduls der Strom im Spiel ausfällt und die Bombe nicht mehr gut sichtbar ist. Oder der Wecker am Schreibtisch gibt ein störendes Piepsen von sich, das die Aufmerksamkeit so lange ablenkt, bis man ihn ausschaltet – eventuell sind es aber genau die paar Sekunden, die das Abschalten des Weckers in Anspruch nimmt, die am Ende über Erfolg oder Explosion entscheiden…
Keep Talking and Nobody Explodes ist purer Stress und hätte mir jemand vorher erklärt, wie genau das Spiel abläuft, hätte ich es vielleicht nie ausprobiert. Da ich aber bei einem Spieleabend mit Freunden ohne große Vorwarnung vor die tickende Bombe gesetzt wurde, habe ich direkt versucht, meinen Ansprechpartnern das Problem zu schildern. Wer will schon gerne einer Bombe beim Hochgehen zusehen? Ja, die erste Bombe ist explodiert. Doch das wollte ich so nicht hinnehmen, denn es wäre doch lächerlich, wenn wir uns nicht gut genug absprechen könnten, um das Ding zu entschärfen. Ja, auch die zweite Bombe ist explodiert. Ich bin mir sicher, dass ich von meinen Ansprechpartnern falsche Anweisungen bekommen habe, denn meine Beschreibungen waren äußerst konkret. Wir haben die dritte Bombe gemeinsam entschärft und es war ein extrem gutes Gefühl, das geschafft zu haben. Für den nächsten Spieleabend ist Keep Talking and Nobody Explodes wieder fix eingeplant und es würde mich nicht wundern, wenn das noch länger so bleibt.
Keep Talking and Nobody Explodes ist ausschließlich in digitaler Form für PC über die Homepage des Spiels oder über Steam erhältlich. Das Spiel und das zugehörige Handbuch sind nur in englischer Sprache verfügbar.